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Sophie Auster: Milk For Ulcers (Review)
Artist: | Sophie Auster |
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Album: | Milk For Ulcers |
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Medium: | CD/LP/Download | |
Stil: | Singer/Songwriter, Art-, Folk-, Soul- & Jazz-Pop |
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Label: | Proper Distribution | |
Spieldauer: | 40:14 | |
Erschienen: | 18.04.2025 | |
Website: | [Link] |
Auch die New Yorker Songwriterin SOPHIE AUSTER wurde in ihren kreativen Ambitionen von der Pandemie ausgebremst – allerdings zu einem recht günstigen Zeitpunkt, denn Ende 2019 konnte sie noch mit ihrem damals aktuellen Album „Next Time“ auf Tour gehen und einige Termine auch in unseren Breiten absolvieren, bei denen sie dann sogar noch einige neue Titel vorstellen konnte. Als die Pandemie dann langsam abflaute, schien es, dass SOPHIE AUSTER ihre unterbrochene musikalische Laufbahn 2022 mit der Single „Dancing With Strangers“ langsam wieder aufleben lassen könnte und sich auf einen neuen Longplayer vorbereitete.
Dann jedoch kam ihr das Leben in all seiner Vielfalt dazwischen. Ihr Vater, der renommierte Autor PAUL AUSTER, erkrankte an Krebs und im Folgenden stand der gemeinsame Kampf der Familie (zu der auch ihre Mutter, die Autorin SIRI HUSTVEDT, und ihr Ehemann, der Fotograf SPENCER OSTRANDER, gehören) gegen die Krankheit und die Umstände, die dieser Kampf mit sich brachte, im Zentrum. Dann wurden SOPHIE AUSTER und ihr Mann Eltern und kurz nachdem der gemeinsame Sohn Miles geboren worden war, verdeutlichte sich, dass die Krebsbehandlung ihres Vaters nicht angeschlagen hatte und er nun im Sterben lag. Erst in dieser Phase wandte sich SOPHIE AUSTER wieder der Musik zu – auch um mit deren Hilfe die schwierigen Zeiten irgendwie bewältigen zu können.
Kein Wunder also, dass das nun vorliegende vierte Album mit dem eigenartigen Titel „Milk For Ulcers“ inhaltlich wie musikalisch ganz anders ausgerichtet ist als die bisherigen drei – teils eskapistisch, teils experimentell angelegten – Alben. Denn war es bislang SOPHIE AUSTERs Ziel, sich mit ihrer Musik künstlerisch selbst zu verwirklichen, so vermittelt das neue Album – als persönlich gefärbte Hommage an ihren Vater – eine Dringlichkeit und Notwendigkeit, die bei den älteren Alben nicht unbedingt zu verspüren war.
Da Austers Vater immer schon ihr größter Fan gewesen ist und ihre künstlerische Laufbahn – durchaus auch mit konstruktiven und kritischen Anmerkungen – bis zu seinem Lebensende begleitete, war es SOPHIE AUSTER wichtig, ihren Vater in beratender Funktion auch an der Entwicklung des neuen Albums teilhaben zu lassen. Ein schönes Beispiel für diese 'Zusammenarbeit' ist der Song „Blue Team“, mit dem SOPHIE AUSTER ihrem Vater das Versprechen abgibt, ihr Leben auch weiterhin nach den moralischen und ethischen Prinzipien des „Blue Team“ zu führen, wobei das „Blue Team“ ein interner Code für Menschen ist, die das Vertrauen der Familie genießen und die somit zum „Blue Team“ gehören. Der nun als klassische Piano-Ballade im Songbook-Stil ausgeführte Track war der letzte Song, den SOPHIE AUSTER für das Album schrieb.
Hierbei stand die Bitte des Vaters, das Stück noch vor seinem Ableben fertig zu stellen, im Raume, weil er es unbedingt noch hören wollte. Seltsamerweise ist dieser so entstandene kreative Druck – bis auf eine logischerweise durchgängig eher melancholische Note – dem ganzen Projekt gar nicht anzuhören, was vermutlich auch damit zusammenhängt, dass PAUL AUSTER die komplette LP noch hören (und kommentieren) konnte, bevor er im Frühjahr 2024 seiner Erkrankung erlag.
Der eigenartige Titel des Albums - „Milk For Ulcers“ - entsprang einer familieninternen Diskussion, bei der sich ie Musikerin mit ihren Eltern über antiquierte Heilmethoden unterhielt, die man heute nicht mehr anwendet. Wenn man etwa Butter auf Brandwunden schmiert, oder bei einem Magengeschwür Milch trinkt, dann verschafft das kurzfristig zwar Linderung, verschlimmert die Situation aber auf lange Sicht. SOPHIE AUSTER wählte den Titel „Milk For Ulcers“ als Thema, um deutlich zu machen, dass dieses Projekt kein ultimatives seelisches Heilmittel darstellen kann, aber eben auch eine Linderung des Schmerzes darstellt. PAUL AUSTER zeigte sich übrigens nicht begeistert über diesen Titel, den er bis zum Schluss für zu seltsam hielt.
Während sich SOPHIE AUSTER auf ihren bisherigen Alben oft Geschichten ausdachte, zu denen sie sich beispielsweise von Filmen oder Büchern inspiriert sah, ist die Inspirationsquelle diesmal ihr eigenes Leben, was dazu führt, dass „Milk For Ulcers“ das persönlichste, konfessionellste und letztlich auch authentischste und empathischste Album der New Yorker Künstlerin geworden ist. Neben Songs, die sich direkt auf PAUL AUSTER beziehen, gibt es auch solche, die sie über und für sich, aber auch für ihren Gatten schrieb.
Der Opener „Flying Machine“ etwa wirft einen amüsierten, selbstironischen Blick auf ihre Kindheitsträume.
„Look What You're Doing To Me“ ist ihr erstes, geradliniges Liebeslied, das sie für Spencer Ostrander schrieb.
Der erstaunlich poppige und leichtfüßig arrangierte Track „Don't Ask Me What I Do“ ist eine Art Entschuldigung an ihn und die Menschen aus ihrer Umgebung für die Zeit, in der sie aufgrund der Umstände wohl nicht die angenehmste Person gewesen sei.
„Whole Life Dreaming“ hingegen beschäftigt sich mit ihren Träumen und der Rolle, die ihr Vater dabei gespielt hatte.
Nur einen Aspekt lässt SOPHIE AUSTER außen vor. Früher engagierte sie sich – wie ihre Eltern – auch mal politisch und stellte beispielsweise einen Anti-Trump-Song namens „No Country For Orange Men“ ins Netz. Hierauf verzichtet sie diesmal, räumt aber ein, dass ihr die politischen Zustände in den USA langsam Angst machen.
Für die musikalische Ausarbeitung des Materials tat sich die Singer/Songwriterin mit dem kalifornischen Produzenten NICK BLOCK zusammen, mit dem sie bereits bei der Produktion der EP „Dancing With Strangers“ zusammengearbeitet hatte, auf der es in eine Club-orientierte Richtung zu gehen schien. Das Thema des aktuellen Albums bedingte allerdings einen anderen Ansatz. Obwohl die Songs alle auf der Gitarre geschrieben wurden, kommen die meisten als mehr oder minder klassische, organische Piano-Balladen daher, obwohl SOPHIE AUSTER gar kein Klavier spielt, wählte sie diesen Ansatz, da sie so die Emotionalität des Materials musikalisch besser zum Ausdruck bringen konnte. NICK BLOCK erkannte glücklicherweise, dass er durch die zurückhaltende Instrumentierung ihre Qualitäten als (klassisch ausgebildete) Sängerin mehr hervorheben und entfalten konnte. Als bekennender Fan der kürzlich verstorbenen Roberta Flack legte SOPHIE AUSTER zusätzlich größten Wert darauf, die jazzige Phrasierungen ihres Vortrages so unverkrampft und mühelos wie möglich erscheinen zu lassen, anstatt durch Vokalakrobatik beeindrucken zu wollen, was die Emotionalität des Materials deutlich verstärkt.
FAZIT: „Milk For Ulcers“ ist nicht nur SOPHIE AUSTERs persönlichstes Album geworden – es ist auch ihr musikalisch bislang geradlinigstes, konsequentestes und eingängigstes. Das hat einen einfachen Grund: Strebte SOPHIE AUSTER bislang auf der musikalischen Seite vor allen Dingen die Credibilty und Coolness in ihrer New Yorker Indie-Künstlerblase an, so ist ihr diese heutzutage wurscht und sie bekennt sich uneingeschränkt zu ihrer Liebe zu ungekünstelter Pop-Musik: „Ich mag heute einfach alles und habe keine Guilty Pleasures mehr“, stellt sie fest und verabschiedet sich mit ihrem neuen Album von den verstiegenen und verkopften musikalischen Experimenten der Vergangenheit.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Flying Machine
- Heartbreak Telephone
- Look What You're Doing To Me
- Let It Be Spring
- Man Like You
- Reason Why
- They Get You All The Time
- Don't Ask Me What I Do
- Whole Life Dreaming
- Blue Team
- Gesang - Sophie Auster, Marie Davy
- Gitarre - Sophie Auster
- Keys - Marie Davy
- Milk For Ulcers (2025) - 13/15 Punkten
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