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Cochise: Live 'Open Ohr' Festival 1981 (Review)

Artist:

Cochise

Cochise: Live 'Open Ohr' Festival 1981
Album:

Live 'Open Ohr' Festival 1981

Medium: CD
Stil:

Polit Rock, Folk, Kraut

Label: Sireena Records/Broken Silence Distribution
Spieldauer: 46:07
Erschienen: 20.06.2025
Website: [Link]

Ja, ihr lieben grünen Klimakleber und radikalen Klima-Aktivisten.
Jetzt habt ihr den Salat!
Was Anderes solltet ihr ja eigentlich auch nicht essen, oder?
Ihr treibt einen mit eurer Engstirnigkeit und einer grünen Partei voller unausgebildeter Deppen, die in erster Linie nur noch Ängste schüren, glattweg in den Wahnsinn!
Selbst vor dem Aufruf 'Zu den Waffen' eurer grenzdebilen Jugend-Chefin macht ihr nicht halt.
Wo soll das eigentlich noch hingehen?
Doch bleiben wir einfach mal dort, wo vieles begann und wovon ihr selber keine Ahnung zu scheinen habt. Da kann manchmal die Musik tatsächlich für eine kleine Erweiterung eurer engen Denkstrukturen führen.
Und warum?


Weil ihr glaubt, dass ihr so in etwa die ersten seid, die das Klima und die Umwelt schützen woll(t)en. Da müssen wir euch enttäuschen. Denn egal, ob es nun bereits 1975 KRAFTWERK mit „Radioaktivität“ oder TON STEINE SCHERBEN waren, sie alle traten schon vor einem halben Jahrhundert für das ein, was uns wichtig war: die Natur, die Umwelt und den Schutz des/unseres Lebens – und besonders den Pazifismus!
Damals galten auch bei den gerade gegründeten Grünen echte Ideale – heute sind's die politischen Ämter, für die man längst seinen 'Pazifismus'-Begriff aus dem Programm gestrichen hat.

Und damals kämpfte man besonders mit Musik gegen den Krieg und das Unrecht. Etwas unbekannter diesbezüglich waren COCHISE, die neben den TON STEINE SCHERBEN als eine der wichtigsten Politrockbands Westdeutschlands galten, aber heutzutage längst vergessen sind.


Doch egal, denn auch die sangen lautstark beim „Live 'Open Ohr' Festival 1981“ direkt von der Bühne: „Platanen statt Autobahnen“ oder „Wir werden leben“ und machten die heutigen Linken sicher mit solchen Songs wie „Jetzt oder nie, Anarchie“ und „Das Anarchistenschwein“ glücklich. Auch sie offenbarten in ihrer Musik den Hass gegen die Obrigkeit. Nur war dieser deutlich verständlicher als das, was heutzutage passiert, wenn jeder, der von euren Ansichten oder Meinungen abweicht einfach nur noch rechts und Nazi ist. So vernichtet man übrigens die Demokratie.
Wusstet ihr das?
Ach, ihr wollt das ja gar nicht wissen!
„Wir werden leben“ sollte für alle gelten. Und Hass ist das Brüderchen von Krieg. Berufsverbot das Gegenteil von Freiheit. Und so komisch es auch klingen mag. Irgendwie hat gerade ein Song wie „Wir werden leben“ eine Bedeutung, die man aus heutiger Sicht fast ins Gegenteil kehren kann, wenn sich Linke das Recht herausnehmen, gegen Andersdenkende mit radikalen Mitteln vorgehen zu können.


Schön, dass man diese (musikalische) Vergangenheit heutzutage endlich dank Sireena Records auf „Live 'Open Ohr' Festival 1981“ 44 Jahre später wortwörtlich wieder live zu Ohr(en) bekommt. Und die ganz verwegenen, alten Hasen von uns wissen natürlich noch, dass von 1969 bis 1973 das Ohr-Plattenlabel ganz groß in Deutschland angesagt war und sich voll und ganz auf den (auch politisch ausgerichteten) Krautrock mit FLOH DE COLOGNE oder WITTHÜSER & WESTRUPP konzentrierte, während sich mit einer ganz ähnlichen Ausrichtung zwei Jahre später im Jahr 1975 das nichtkommerzielle, thematische Jugendfestival 'Open Ohr' aus dem Boden stampfte und noch bis zum heutigen Tage Jahr für Jahr stattfindet.

1981 waren jedenfalls, wie auf dieser CD zu hören, COCHISE mit dabei. Und da jedes Festival unter einer bestimmten Thematik veranstaltet wird und neben Musik zugleich zu Diskussionen, Workshops, Lesungen, Kunstprojekten und natürlich Konzerten einlädt, sei hier das damalige Thema verraten: „Zeit zum Aufstehn! Sicherheitsdebatten & Friedensgespräche“.

COCHISE hatten sich – ebenfalls sehr natur- und indogen-verbunden – nach dem gleichnamigen indianischen Häuptling benannt (Ja, da benannten sich diese überzeugten Widerständler doch tatsächlich nach einem Indianer-Häuptling, der auch ihr Band-Logo zierte und den man aus woker Sicht heutzutage nicht mehr Indianer nennen darf!) und stammten aus Dortmund, wo sie Ende der 1970er- bis Ende der 1980er-Jahre sich mit deutschsprachigen Polit-Pop- und Folk-Songs besonders in der linksalternativen Szene einen Namen machten. Aber sie besangen auch schützend die Natur – sogar rein im Satzgesang und A capella in „Platanen statt Autobahnen“.


Damals waren COCHISE, wie man in dem dreiflügeligen Digipak der „Live 'Open Ohr' Festival 1981“-CD erfährt, das ganze Jahr unterwegs, um bei Hausbesetzungen, Demos gegen Atomkraftwerke, den Sonntagsspaziergängen der Startbahn West oder der wachsenden Friedensbewegung (Achtung Herr Kriegsexperte Hofreiter – richtig verstanden!) aktiv mitzuwirken und diese musikalisch wie textlich zu untermalen.
Ca. 140 Konzerte gaben sie dabei in der ganzen Republik, zu der natürlich nicht die DDR gehörte, denn die hatten in ihrem eingemauerten Land ganz andere Probleme – nämlich die nicht vorhandene Freiheit!

COCHISE jedenfalls arbeiteten damals an ihrem dritten Album „Unter Geiern“ und solidarisierten sich besonders mit den Hausbesetzern in Dortmund, was sie zugleich deutlich in ihren Songs thematisieren. Die Stimmung war damals ähnlich wie heute extrem aufgeladen, was COCHISE immer wieder aufgriff, um offenen Widerstand zu demonstrieren. Das brachte ihnen sogar Verhaftungen durch die SEK ein, sodass die/ihre Wut auf die Staatsmacht immer größer wurde. Man hört diese auf fast jedem Song heraus, selbst auf Brecht und Eisler beriefen sie sich dabei musikalisch und textlich, wie in „Resolution“.


Nur zu oft kann man ihre Absichten dabei wirklich verstehen, denn 1981 war „ein wildes Jahr“.
Wie wild?
Die Antwort gibt im Grunde dieses Album!
Sogar das Cover schreit nach Widerstand. Denn hier stehen COCHISE in herrlicher Hippie-Montur vor ihrem 'COCHISE-Haus' in Dortmund Dorstfeld, das 1983 mit einem Polizei- und SEK-Einsatz erst geräumt und danach direkt abgerissen wurde. In diesem Falle lassen COCHISE mit „Das Haus“ genau ihre Besetzer-Zeit und die bedrückenden Folgen wiederaufleben, als das Haus von der Polizei erstürmt wird.

Mit all diesen Hintergründen wird das Album zu einem Genuss.
Einem Zeitdokument aus einer Zeit, in der Musik dem herrschenden politischen (Un-)Geist widerstand und sich mutig erhob – so wie es eben TON STEINE SCHERBEN und später RIO REISER und sein Wunsch „König von Deutschland“ zu werden sowie die Polit-Rocker FLOH DE COLOGNE waren. COCHISE waren ein lebendiger Teil dieser linksalternativen Szene, die nicht nur provokante wie gute Texte zum Zeitgeist, sondern auch musikalisch sogar neben ihrem Rockinstrumentarium mit Flöten und Saxophonen gehörig Gas geben und Stimmung machen konnten.
Man muss diese Gesinnung nicht mögen. Anhören und darüber nachdenken sollte man auf jeden Fall. Und wer die Scherben mag, der sollte auch diesen Indianer-Häuptling herzlich willkommen heißen anstatt ihn am Marterpfahl der Intoleranz festzuzurren.


FAZIT: Die „Rolltreppe Rückwärts“ (ein Jugend-Theaterstück von COCHISE, dessen Instrumentalstück das Album eröffnet) ist längst vergriffen und die Erinnerungen verblassen. Daher ist es in den aufregenden Zeiten höchste Zeit für einen Blick in die Vergangenheit des Polit-Rock, als die TON STEINE SCHERBEN Musikgeschichte schrieben, aber auch COCHISE für viel Aufsehen sorgten, besonders weil ihre Texte oft extrem provokativ ausfielen, genauso wie ihre Einstellung – damals im Jahr 1981. Mit „Live 'Open Ohr' Festival 1981“ kann man in Erinnerungen an den linken Widerstand schwelgen, den COCHISE auch musikalisch live mit gutem Sound sehr überzeugend präsentierten. Dieses politisch krautrockige Sextett ist jedenfalls ehrlich und authentisch – und garantiert keine Kasper, die im Bundestag fette Diäten dafür kassieren, dass sie dort „Auf die Barrikaden“ rufen oder mit Rap-Songs offen zur Vernichtung andersdenkender Politiker aufrufen. Wir brauchen keinen „König von Deutschland“ oder „Brandmauern“, sondern mehr Geist und weniger Hass sowie eine ehrlich gelebte Demokratie. Musik ist ein guter Schlüssel dazu. Auch die von COCHISE.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 67x gelesen, veröffentlicht am )

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Tracklist:
  • Rolltreppe abwärts
  • Kannst du das mit ansehn
  • Jeder Traum
  • Das Haus
  • Platanen statt Autobahnen
  • Resolution
  • Is das nich gemein
  • Was kann schöner sein
  • Jetzt oder nie, Anarchie
  • Wir werden leben
  • Das Anarchistenschwein

Besetzung:

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